Von den Alpträumen eines absoluten Spinners (?)

Eines Morgens im Januar im letzten Jahr dieses Milleniums wachte er schweißgebadet auf; es war wieder dieser Alptraum, den er in letzter Zeit so häufig hatte, er sah die Zukunft und die erschien ihm krasser als und bedrohlicher als Huxley, Orwell oder Blade Runner. Die Türme der Trabantenstadt machten den Blick frei auf eine Arena, die das Herz der Zukunftswelt war, kein Kaiser, kein Führer, nicht einmal ein Präsident oder Kanzler regierten, sondern der runde Ball war Herrscher der Welt. Die großen Metropolen frönten ihm, alle zollten ihm Tribut, besonders die Einwohner im Westen eines Landes, das in den Vereinigten Staaten von Europa (VSE) aufgegangen war und mal Deutschland hieß. Dort, in einer ehemaligen Industriewüste (dem sogenannten "Pott"), hatten sie sich mächtig rausgeputzt, ohne jedoch ihr provinzielles Denken zu verlieren, jede Ecke hatte ihren Ministolz, besonders in Bochumenia waren sie froh über das erreichte, denn sie hatten den reichsten Fußballclub der Welt dort, das konnten sie gar nicht fassen! Alles 34.000 ID-Karten der U.F.A. FaberBochumenia AG waren für 10 Jahre ausverkauft, jeder Zuschauer konnte im Sitzen auf seinem speziellen Monitor die flimmernden Erfolge der letzten 5 Jahre sehen, immer wieder Regionsmeister VSE-Mitte und in der Weltliga immer unter den ersten drei - das war ganz nach dem Geschmack der VIPs, die bei Hummer, Lachs und Kaviar den Regenbogentrikots zuprosteten; sie führten wieder 3:0 gegen die Dortmunder Maddogs, einer Loosertruppe aus einer ehemaligen Bierstadt. Das Spiel sollte gleich zu Ende sein, schon gingen die ersten zu ihren Magnetgleitern, um dort ihre Frauen vom Shopping abzuholen, das sie mit den Kindern im vereinseigenen Mall zelebriert hatten. Alle sahen so glücklich aus, war doch schön so! Wären da nicht am Rande hinter den elektronischen Sperren ein paar gröhlende Besoffene mit alten blau-weißen Schals, die Einlaß begehrten. Ein kuzer Polizeieinsatz verhinderte, das die Kinder mit ihren Regenbogenschals diesen Abschaum zu sehen bekommen mußten. Dann herrschte wieder Ruhe.Der Nachthimmel über dem Vergnügungspark leuchtete dem goldenen Zeitalter des Freíedens und Glücks entgegen. Das Feuerwerk und Beethovens "Ode an die Freude" bildeten die Staffage für den 57.Sieg der U.F.A. FaberBochumenia AG in Folge, die Zuschauer standen auf, klatschten und riefen:"Da Capo, da Capo!" - einer warf den Faberlaserpointer in die Luft und brüllte:"Ja, ja !" (Er wurde festgenommen und erhielt 20 Jahre Arena-Verbot). Die Zukunft versprach nur rosiges für den Fußball im VSE-Bezirk 13, West.

Dann wachte er auf und blickte durchs Fenster auf die wach werdende Stadt, die Autos und Bahnen machten Dreck und Lärm, eine Dunstglocke hing über ihr. Ihm war schlecht, er mußte zur Arbeit. Egal, denn am Abend gab´s das Abstiegsderby seines VfL gegen Hansa Rostock, und alles schien im warm und vertraut.

TOM, der Seher

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